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charles

stop!

Dementi: Dies ist nichts Autobiographisches, es ist reine Fiktion.
Das heißt: Es ist nicht passiert.
Die Hauptperson hat nichts mit mir zu tun.
Sie ähnelt mir in keiner Weise.
Ich habe dies alles erfunden.


Ich wache auf zum Puls der Musik und dem Stimmengewirr der Menge. Ich bin die ganze Zeit wach gewesen, aber betäubt, schlaf-wachend, bis das Summen mich findet und ich mich in einer riesigen Menschenmenge in einem Darkroom wiederfinde. Da ist Musik, und sie ist laut, lauter als ich je meine Stimme erheben könnte, und trotzdem höre ich dazwischen Stimmen, verschmolzen zu einer Stimme, ein Dröhnen, das Teil der Musik wird. Der Beat bewegt sich durch mich hindurch, und ich bin regungslos. Der Raum scheint sich von selbst zu bewegen, im Takt der Musik, als würde er von der Musik geführt, alle bewegen sich, und nur die Wände bleiben. Plötzlich ist jemand neben mir, jemand, den ich nicht erkenne, den ich aber gerne ansehe.

charles

Charles

Zu weit

Über Richard

Stop!

Verzauberter Morgen

Er ist einen halben Schritt von mir entfernt, noch in meiner Nähe, das einzige in dem Raum, das sich nicht bewegt, und unsere Augen treffen sich. Sie haben sich schon vorher gekreuzt, aber ich kann mich nicht erinnern, wann. Ich befürchte, dass es nur einige Momente vorher war, dass ich wieder einen Blackout habe. Er wird größer, und ich begreife, dass er auf mich zukommt, nicht schnell, aber entschlossen, und es sind nur ein paar Meter, die uns trennen, aber er scheint eine Minute zu brauchen, um die Distanz zurückzulegen. Eine Sekunde lang ruhen seine Hände auf meinen Schultern, dann auf meinem Nacken, dann unter meinem Hemd und zurück zu meinen Schultern. Haut an Haut, und ich bin berauscht davon. Blitze durchzucken mich, Bilder einer Diaprojektion im Zeitraffer. Ich kann sie kaum erkennen, aber in jedem Bild sehe ich mich selbst: als Kind. Ich war nicht immer hier. Es gab eine Zeit, da waren die einzigen Hände, die ich auf meiner Haut spürte, die meiner Mutter oder meines Vaters, normalerweise, um mich zu bestrafen für etwas, das ich falsch gemacht hatte, etwas, das mir nicht so falsch vorgekommen war. Ich erinnere mich daran, dass ich den Schmerz als befreiend empfand. Der Schmerz bedeutete Buße, und er entband mich von der Verantwortung. Ich musste mich nur erwischen und verhauen lassen, dann konnte ich weitermachen wie bisher. Ich erinnere mich an all dies, bevor meine Sicht von einem Gesicht blockiert wird, das irrsinnig nah ist. Er hat seine Augen geschlossen, und er kommt mit seinen Lippen auf mich zu. Ich denke, es ist so wundervoll, dass er seine Augen geschlossen hat, dass ich sofort eine Latte bekomme. Die Härte drückt gegen meine Hose und ist unbequem, und ich will die Hose loswerden. Ich will alles loswerden, nur Haut auf Haut spüren. Seine Hände fahren grob meinen Rücken entlang, und nun gehen meine Hände nach oben, jede Hand eines seiner Beine umschlingend. Sie fahren höher, ohne dass ich etwas dazu tun muss, wischen drahtige Haare durch Schweiß. Sie fahren höher, unter der Kleidung, bis sie eine glatte Stelle gefunden haben. Ich mag das Gefühl seiner Haut unter meiner und mag meine Haut an seiner. Ich greife nach seiner Hose und beginne daran zu zerren, aber er macht sich los. Er tritt zurück und sieht nach unten, mustert mich. Er sagt etwas, das ich nicht hören kann, und er lacht, deshalb lache ich zurück. Das Summen. Er schüttelt seinen Kopf und packt meine Hand. Ich begreife, dass er versucht, mich irgendwo hin zu führen, und ich bin nicht sicher, dass ich mitkommen will, aber ich folge ihm trotzdem. Seine Hand in meiner ist der einzige Teil seines Körpers, den ich spüren kann, bis wir durch eine Schwingtür in einen hell erleuchteten Raum treten. Die Toiletten. Ich schaue mich um und sehe mein Spiegelbild, aber ich kann ihn nicht sehen. Er hockt zu meinen Füßen, sieht nach oben und lächelt. Meine Augen irren umher. Du bist total durchgeknallt, sagt er. Noch nicht, sage ich, und ich weiß nicht, was ich damit meine. Meine Klamotten kleben völlig durchgeschwitzt an meinem Körper, was ich vorher nicht bemerkt hatte. Ich will deinen Schwanz, sagt er. Ich will ihn aus dieser Hose raushaben, sage ich. Er lacht erneut, und ich weiß nicht, warum, und bevor ich mich versehe, hängen meine Hose und meine Unterhose auf meinen Knöcheln, und er hat meinen Schwanz in seinem Mund. Ich ziehe mein Hemd aus, weil es heiß ist. Sein Mund stößt mich hart, und seine Zähne schaben. Mein Spiegelbild ist grau. Die Decke ist grau. Ich habe Schwierigkeiten zu atmen. Ich glaube, ich komme gleich, oder ich werde sterben. Er lässt meinen Schwanz nicht aus seinem Mund. Meine Hände hängen nutzlos herunter, und mein Herz schlägt wie wahnsinnig. Ich bin verrückt geworden: Ich erinnere mich, dass es so nicht sein sollte. Mit einem verzweifelten Keuchen und Zucken spritze ich heftig in seinem Mund ab. Du bist zu sehr drauf, um es mir zu machen, stimmt´s? Ich bin nackt. Hast du einen Platz zum Schlafen? Ich komme nicht an meine Klamotten heran. Verfluchte Scheiße, ich werde sterben, sage ich. Du verarschst mich, sagt er. Ich will nicht, dass du irgendwo in meiner Nähe krepierst. Wann kriege ich deinen Schwanz zu sehen? frage ich. Später, sagt er. Morgen, sagt er. Ich will es, sage ich. Was willst du?, fragt er. Wie ist dein gottverdammter Name?, frage ich. Los, sagt er, oder irgendwas in dieser Richtung und ich zähle auf Spanisch: uno dos tres quattro cinco seis.


An einem stillen Ort wache ich wieder auf. Ich liege auf einer fremden Couch, und das Zimmer ist dunkel. Ich trage Unterwäsche, die nicht mir gehört, glaube ich. Ich verfluche mich selbst, dass ich mir das wieder angetan habe. Mein Kopf fühlt sich an, als sei er in der Mitte gespalten, und die Schmerzen machen es mir schwer, ihn zu bewegen. Ich versuche, meine Klamotten zusammenzusuchen, aber als ich mich bücke, um sie aufzuheben, verliere ich das Gleichgewicht und falle. Ich stoße mir den Kopf an einem Tisch, und die Schmerzen werden schlimmer, schießen grell und blitzartig durch jeden Zentimeter meines Körpers. Es kostet mich all meine Kraft, nicht zu schreien, und dann liege ich für einen Augenblick auf dem Boden.

- Was war das?

- Ich bin gefallen, sage ich.

- Bist du okay?

- Nicht wirklich.

- Bist du immer noch drauf?

- Nein, sage ich.

- Ich habe noch nie jemanden so high gesehen. Du wusstest noch nicht einmal deinen Namen.

- Ich weiß deinen nicht.

- Los.

Ich sehe zu ihm hoch. Er ist hübsch. Das Mondlicht scheint in sein Gesicht und schimmert in seinen grünen Augen. Und er ist nackt, aber Sex ist das letzte, woran ich jetzt denke.

- Du siehst nicht aus wie ein Latino.

- Ich bin keiner. Es ist nur ein Name. Wie ist deiner?

- Den.

- Wirst du aufstehen?

- Gleich. Ich habe mir den Kopf gestoßen.

- Brauchst du Hilfe?

- Eigentlich ja.

Er kommt herüber und hält mir seine Hand hin. Ich nehme sie und lasse ihn mich hochziehen. Die Schwerkraft versucht, mich herunterzuziehen, und mein Kopf schmerzt, weil er den kühlen Boden nicht mehr berührt. Schmerzt. Nein, hämmert. Los lässt mich auf die Couch fallen, was mich nicht stört, weil ich wirklich nicht in der Lage bin zu stehen.

- An was erinnerst du dich im Club?

- An nichts, sage ich.

- Ich habe dir einen geblasen.

Ich nicke.

- Du schuldest mir was.

Ich nicke wieder.

Er kommt auf mich zu, und ich kann sehen, wie sich die Muskeln an seinem Bein bewegen. Zum ersten Mal denke ich daran, Angst zu haben. Er ist viel größer als ich. Das Licht reflektiert von seinen Beinen, und es kommt mir vor wie eine längst vergessene Art der Kommunikation. Er signalisiert mir irgendetwas, aber es ist nicht das, was ich mir wünsche.

Er wichst, bis er halbsteif ist, dann schiebt er seinen Schwanz ohne Umschweife in meinen Mund. Ich habe keine Zeit, den Angriff auf meinen Rachen abzumildern. Er lehnt sich auf mich und hebt ein Bein zu mir auf die Couch, schiebt mir den Schwanz ganz rein, dann fängt er an zuzustoßen. Ich begreife, dass er von mir nichts anderes will, als dass ich stillsitze, während er mein Maul fickt. Ich versuche, durch die Nase zu atmen, aber ich kann nur ihn riechen. Er überfällt meine Nebenhöhlen, sein ganzer Körper dringt in meinen Schädel ein. Es hat mir noch nie Spaß gemacht, jemanden so zu blasen, ich hoffe, dass er mir das nicht später vorhält. Nein, es ist mir eigentlich völlig egal. Ich weiß nichts von diesem Typen, außer wie er riecht.

- Ich komme gleich, sagt er.

Ich weiß nicht, was ich mit dieser Aussage anfangen soll.

Aber er kommt sowieso nicht. Ich fasse mit meinen Händen an seinen Arsch und fühle, wie die Muskeln sich zusammenziehen und entspannen, wieder und wieder, für eine weitere Minute, bis er seinen Schwanz endlich aus meinem Mund nimmt.

- Ich will dich ficken, sagt er.

- Ich muss jetzt wirklich nach Hause.

Er wirft mir einen Blick zu, der mich ein wenig ängstlich macht. Ich will wieder high sein. Ich kann erkennen, wie sich Muskeln in seiner Hand anspannen, seinen Arm hinauf bis zu seiner Brust. Er ist viel größer als ich. Ich weiß nicht, wo ich bin.

- Ich will dich ficken, sagt er erneut.

- Ich muss jetzt wirklich nach Hause, sage ich erneut.

Und er schlägt mich. Wahrscheinlich nicht so fest, wie er kann, aber ich werde nach hinten geschleudert und knalle mit dem Kopf gegen die Wand. Ich denke: Wenn ich diese Nacht ohne Gehirnerschütterung überstehe, kann ich froh sein.

- Ich will dich ficken, sagt er.

- Du bekommst, was du willst, richtig?

Er lacht, wichst ein bisschen.

- Fast immer. Und ich will dich.

- Hast du noch Pillen?

Für einen Moment geht er einen Schritt von mir zurück, und ich frage mich, ob ich diese Möglichkeit nutzen kann, um zu entkommen. Ich frage mich, ob ich das will. Ich erinnere mich, dass ich irgendwo sein muss, aber ich weiß, wie kurz der Typ davor ist zu kommen, wie lange kann das schon dauern?

Er bringt mir eine Pille, und ich nehme sie, ohne zu fragen, was es ist.

- Also, warum musst du so schnell nach Hause? Willst du nicht ficken?

- Du willst es nicht wissen.

- Doch.

Für eine Minute halte ich inne und stelle mir vor, ich kann fühlen, wie die gleißende Benommenheit durch die Droge zu wirken beginnt. Es wird noch ein paar Minuten dauern, aber ich wünschte, es wäre jetzt soweit.

Er wichst seinen Schwanz. Er ist durchschnittlich groß, aber gut proportioniert. Geistesabwesend fährt er mit seiner Hand daran entlang. Sein Daumen zuckt, um die Schwanzspitze zu berühren auf dem Weg nach oben. Ich beobachte seine Hand, wie sie nach oben fährt und nach unten, dann wieder hoch.

- Ich muss meine Mutter beerdigen.

Er sagt nichts, will mich nicht ansehen und wichst weiter.

- Sie hat sich vor einigen Tagen umgebracht.

- Warum erzählst du mir das?

- Du hast gefragt.

- Ich kann dich jetzt nicht ficken.

- Warum nicht?

- Ich fühle mich wie ein Arschloch.

- Du bist eins.

Er lacht. Ich hatte Angst, er würde mich wieder schlagen.

- Ich habe dich geschlagen, damit du bleibst. Ich fühle mich beschissen. Du kannst mich zurückschlagen.

- Ich will dich nicht schlagen.

- Ich werde mich dann besser fühlen.

Also tue ich es. Er ist zu weit weg, um ihm ins Gesicht zu schlagen, also ziele ich auf den Magen, stoße nach oben in seine Luftröhre. Ich glaube nicht, dass er erwartet hat, dass ich ihn überhaupt schlage und nicht dorthin, deshalb ist er überrascht und stürzt, über den Tisch auf den Boden. Ich springe hinter ihm her und halte ihn am Boden. Mit Furcht in den Augen sieht er zu mir auf. Er weiß, dass er mich unterschätzt hat, dass der Satz über meine Mutter eine Lüge war, dass alles mögliche als nächstes passieren könnte. Ich gehe ein hohes Risiko ein. Ich nehme das Gewicht von seinem linken Arm, damit ich meinen eigenen rechten Arm frei habe. Dann schlage ich ihm ins Gesicht und breche mir buchstäblich die Hand dabei. Mit dem freien Arm hätte er mich herunterstoßen können, aber jetzt habe ich wieder Kontrolle über mich und das Überraschungsmoment auf meiner Seite. Ich schlage ihn noch ein paarmal, bis ich weiß, dass ich ihm wehtue, weil er anfängt zu schreien. Dann, ohne zu zögern, rutsche ich nach unten und nehme seinen fast schlaffen Schwanz in meinen Mund. Es dauert nicht lange, bis er weitermachen kann.

- Du hast mich geschlagen, sagt er.

Ich glaube, er bedauert, dass er mich das nicht schon früher hat tun lassen, denn jetzt stöhnt er vor Geilheit.

- Aber du hast mir wehgetan, sagt er. Du hast fest zugeschlagen.

Er beginnt, sich zu verkrampfen. Er ist wieder kurz davor.

- Du hast mir wehgetan, sagt er erneut, traurig.

Dann fällt ihm nichts mehr ein. Ich fange an, die Auswirkungen der Drogen zu spüren, und er wahrscheinlich auch. Wie ein Hund wimmert er vor Geilheit, dann entfährt ihm ein lautes Keuchen, als ich ihn zum Höhepunkt bringe.

Ich stehe.

- Du bist hübsch, sage ich. Danke für die Pillen, füge ich hinzu.

Er sagt nichts und schließt seine Augen.


Im Zug bin ich wieder voll drauf. Meine Mutter ist am Leben, aber sie ist im Krankenhaus, also werde ich sie besuchen. Ich habe sie nicht gesehen, seit ich vor vier Jahren weggegangen bin. Damals war ich ein Kind. Ich weiß noch nicht mal, warum sie im Krankenhaus ist, aber ich schätze, ich sollte sie besuchen, nur falls sie stirbt.

Diese Pille ist anders. Sie macht mich wacher, aber albern. Ich kichere viel und phantasiere merkwürdige Dinge zusammen, die ich den anderen Leuten im Zug antun könnte. Ein Typ auf dem Sitz schräg gegenüber schläft, während sein Kopf auf dem Sitz vor ihm lehnt. Das Sweatshirt, das er trägt, ist im Rücken nach oben gerutscht, so dass man den Gummizug seiner Unterhose sehen kann. Ich würde alles dafür tun, an seiner Hose zerren zu können, bis sich alles darunter hauteng abzeichnet. Ich habe das noch nie bei jemandem gemacht, aber dieser Typ sieht aus, als wäre er wie geschaffen dafür.

Die Frau auf dem Sitz vor mir trägt einen Hut mit Seidenblumen. Ich möchte mich auf meinen Sitz stellen und draufpissen. Ich möchte, dass die Blumen unter der Nässe zusammensacken. Ich kann sehen, wie sie mich anschreit, aber ich kann nicht hören, was sie sagt.

Diejenigen, die wach sind, starren mich an, weil ich nicht aufhöre zu lachen.

Also verlasse ich den Zug nach drei Stunden. Es ist nicht meine Haltestelle, und ich weiß nicht, wo ich bin.